29.4.07

ΤΡΟΠΟΙ ΧΑΛΑΡΩΣΗΣ 6. ΣΤΑ ΒΙΒΛΙΟΠΩΛΕΙΑ 5

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Prinz Eisenherz
vorgestellt von Lore Logorrhoe
Als Prinz Eisenherz als erster schwuler Buchladen in Deutschland vor 23 Jahren eröffnete, gab es so gut wie keine schwulen Bücher. Dafür war das Bedürfnis nach einem solchen Ort als einer Art Kristallisationspunkt der Szene um so größer. Der Buchladen war einer der wenigen öffentlich zugänglichen schwulen Ort der Stadt (und der Republik). Heute ist das Angebot an schwulen und irgendwie "queeren" Büchern so gross, dass es fast unmöglich ist, dem Anspruch, "alles" verfügbar zu haben, gerecht zu werden.
Aus dem Szene-Treff mit heimeligem Identitätsfaktor wurde allmählich eine Fachbuchhandlung zum Thema "Homosexualität". Statt der politischen Diskussionszirkel von einst, die auch unbelesene Schwule in den Laden lockten, gibt es heute Lesungen für Literaturfreunde und -freundinnen. Trotzdem ist für viele "Eisenherz" eine Art schwule Familie geblieben, gerade für jene, die die Selbstverständlichkeit schwuler Räume in den Metropolen nicht gewöhnt sind.
In gewisser Weise ist "Prinz Eisenherz", ein Opfer des Erfolges seiner Strategie geworden. Der politische Kampf darum, dass schwule Bücher überall zu haben sind, hat dazu geführt, dass heute jede grössere Buchhandlung ihr mehr oder weniger verschämtes schwullesbisches Eckchen hat und dass "Prinz Eisenherz" damit eine seiner Funktionen an andere Buchläden abgegeben hat. Obwohl es jetzt überall schwule Bücher gibt, sagt das natürlich noch nichts über deren Qualität.
Diese steht aber im Mittelpunkt der meisten Auseinandersetzungen innerhalb des dreiköpfigen Kollektivs, das den Laden führt. In wie weit soll auch die Verkäuflichkeit von Büchern ein Kriterium für ihre Anschaffung sein? Es geht um den berühmten Spagat zwischen Anspruch und Kommerz, den auch andere Unternehmen kennen, die ursprünglich aus Bewegungsprojekten entstanden sind und sich heute an die üblichen ökonomischen Spielregeln halten müssen.
Diese zwingen letzten Endes dazu, genauso zu funktionieren wie jeder andere Betrieb auch. Erst wenn die Kasse stimmt, kann man sich auch mehr "Anspruch" leisten. Der regelmässige Katalog, der zusammen mit anderen in einem Verbund organisierten schwulen Buchläden herausgegeben wird, versucht, Bücher vor allem danach zu bewerben, für wie gut sie von den HändlerInnen gehalten werden.
Seit vor drei Jahren der Berliner Frauenbuchladen geschlossen hat, wird das lesbische Sortiment mit Erfolg stetig ausgebaut. Diskutiert wird noch, ob diese neue Säule des Ladens sich auch einmal in der Mitarbeit von Frauen niederschlagen soll, da diese Form der Zusammenarbeit noch nicht überall in der Homo-Szene angekommen ist. Die Zahl lesbischer Käuferinnen und Lesungen nimmt jedenfalls zu.
Einerseits gibt es die Vorstellung, ein Laden für "alle" Schwulen zu sein, andererseits möchte man sich aber auch politisch positionieren. Beides zu vereinbaren. wird angesichts sinkender Streitkultur allerorten immer schwieriger. Viele Kunden verlangen deshalb zeit- und SVD-gemässe Neutralität in weltanschaulichen Fragen, die über die gemeinsame Klammer "schwul" hinausgehen.
Die "Eisenherzen" sind jedoch nicht immer bereit, diese einzuhalten, auch wenn die Zeit für politische Arbeit wegen des steigenden Arbeitszwanges immer knapper wird. So beteiligten sie sich mehrmals am "autonomen" Block auf der CSD-Demo. Für die einen stehen sie deshalb als die "Linken" in der Ecke, für die anderen als die "Kommerz-Heinis". Auf keinen Fall dürfen jedoch die persönlichen Kompetenzen und Vorlieben der drei Chefs, "Stil bildend" zu wirken, übersehen werden. Oder wie sonst kommt ein "Nutella-Kochbuch" in eine schwule Buchhandlung?

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